Die Gelbe und Rote Karte stammen aus dem Nachlass des 2014 verstorbenen Schiedsrichters Kurt Tschenscher. Sie erinnern an eine bedeutende Errungenschaft im Fußball-Regelwerk und gleichzeitig an zwei herausragende deutsche Referees. Die Einführung der Gelben und Roten Karte im Jahr 1970 revolutioniert das Schiedsrichterwesen. Sie erleichtert vor allem die Kommunikation auf dem Spielfeld, auch wenn es sich um persönliche Strafen für die Spieler handelt und sich bei ihrer Verwendung regelmäßig Protest erhebt.
Mitverantwortlich für die Erfindung der Gelben und Roten Karte ist der argentinische Nationalspieler Antonio Rattin. Bei der WM 1966 weigert er sich im Viertelfinale gegen England nach mehreren verbalen Attacken gegen den Schiedsrichter, das Spielfeld zu verlassen. Die energischen Anweisungen des von den Beleidigungen betroffenen deutschen Unparteiischen Rudolf Kreitlein helfen wenig. Erst als nach sieben Minuten die Polizei einschreitet und Rattin unter den Beschimpfungen der Zuschauer abführt, endet der längste Platzverweis der Fußballgeschichte. Für Kreitlein ist der Vorfall damit aber noch längst nicht erledigt.
Auf der Rückfahrt von dem skandalösen Spiel stellen er und sein FIFA-Betreuer Ken Aston sich die Frage: Welche Maßnahmen könnten den Schiedsrichterentscheidungen auf dem Spielfeld Nachdruck und Klarheit verschaffen? An einer Ampel kommt ihnen schließlich die entscheidende Idee. Bis die Signalfarben gelb und rot auch auf dem Fußballplatz Verwendung finden, ziehen jedoch noch vier weitere Jahre und etliche Sitzungen der FIFA-Gremien ins Land.
Bei der WM 1970 ist es schließlich soweit. Wieder ist ein deutscher Schiedsrichter maßgeblich beteiligt. Kurt Tschenscher zeigt im Eröffnungsspiel dem sowjetischen Spieler Kachi Assatiani die erste Gelbe Karte der Fußballgeschichte, die hier im Original in der Ausstellung zu sehen ist. Auch die Rote Karte trägt er bei sich. Doch bei dem fairen Turnier muss weder er noch einer seiner Kollegen von ihr Gebrauch machen. Im deutschen Fußball kommt der Platzverweis durch die Rote Karte erstmals im Oktober 1970 im Spiel Kaiserslautern gegen Oberhausen zum Einsatz. Der Torjäger von RWO, Lothar Kobluhn wird wegen unar¬ti¬ku¬lierter Laute – wie es im Spielbericht heißt – vom Platz gestellt.
Die Schiedsrichter Rudolf Kreitlein und Kurt Tschenscher zählen zu ihrer aktiven Zeit zu den weltbesten ihrer Zunft. Beide nehmen an drei Weltmeisterschaften teil und leiten darüber hinaus zahlreiche wichtige nationale und internationale Begegnungen. Wer weiß – vielleicht hätten sie nie eine Karte zeigen müssen, wenn Antonio Rattin vorbildliches Verhalten an den Tag gelegt hätte. Vom Kapitän der argentinischen Nationalmannschaft wäre das eigentlich zu erwarten gewesen.
ua.