Mit selbstgestalteten Vereins-Kutten entsteht in den 1970er-Jahren in den Stadionkurven ein eigener Kleidungsstil. Der echte Fan möchte sich auch äußerlich als solcher zu erkennen geben und sich bewusst von den Zuschauern auf den Sitzplätzen abgrenzen. Bis dahin lehnen sich die Modetrends in den Fußballarenen dem jeweiligen Zeitgeist entsprechend an die Alltags- oder Sonntagskleidung an. So prägt in den 1950er-Jahren der Trenchcoat das Erscheinungsbild des Stadionpublikums.
Wie wird man eigentlich Fan? Ausschlaggebend ist häufig die räumliche Nähe des Wohnorts zum Verein, die nicht selten auch mit der sozialen Herkunft zusammenhängt. Bei den deutschen Stadtderbys wie VfB Stuttgart gegen die Kickers, Rot-Weiss gegen Schwarz-Weiß Essen, HSV gegen St. Pauli oder 1860 gegen Bayern München geht es über viele Jahre immer auch um „reich gegen arm“. Auch wenn sich diese Klischees im Lauf der Zeit auflösen, sind sie bis heute Ursprung der besonderen Rivalität.
Letztendlich bleibt aber der sportliche Erfolg ein entscheidendes Kriterium für die Popularität eines Vereins. Mit Ausnahme des 1. FC Nürnberg zählen die fünf erfolgreichsten deutschen Clubs auch die meisten Mitglieder. Sportliche Höhepunkte sind die Eckpfeiler der Tradition und schweißen auch Fan und Verein zusammen.
Doch die Vereine genießen längst nicht mehr uneingeschränkte Sympathie bei ihren Anhängern. Ihnen wird vorgehalten, zunehmend eher ein Geschäft zu betreiben als die Ideale des Sports wie Zusammenhalt, Kameradschaft und Identifikation zu leben. Das Gefühl von Gemeinschaft entsteht bei den Fans somit nicht im Vereinsleben, sondern in Zusammenwirken mit ihresgleichen. In der modernen Fankultur spiegelt sich ein Emanzipationsprozess wider. Der Fan hat sich aus der anonymen Kulisse herausbewegt und macht sich über sein Wirken als Atmosphäre-Spender hinaus als kritischer Geist bemerkbar.
Dabei offenbaren sich zuweilen zwei Gesichter: Einerseits leisten die Fans vorbildliches soziales Engagement und stehen mit aufwendigen Choreographien für eine positive Fankultur. Anderseits beeinträchtigen Ereignisse von Aggression und Zerstörungswut immer wieder die Wahrnehmung der gewaltfreien Aktivitäten der überwiegenden Mehrheit der Fangemeinde. Feststeht aber: Ohne die Fans in den Stadionkurven – mit ihren Sprechchören, Instrumenten, Fahnen, Trikots und Kutten – hätte sich der Fußball nicht zu dem begeisternden Stück Alltagskultur entwickelt, das heute Millionen von Menschen in seinen Bann zieht.